Dr. Thomas Brotzler
            Fine-Art-Fotografie


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            Nr. 10|2019

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Einzelausstellung »Ein Waldenserhof am Scheideweg«, Bericht von der Finissage mit Künstlergespräch und Ad-hoc-Ausstellung von Andre Kurenbach


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kunstfreunde,

heute möchte ich (unbenommen weiterer Planungen zur Verwertung) noch ein letztes Mal auf meinen Bildzyklus »Ein Waldenserhof am Scheideweg« zurückkommen und Ihnen von der zu Ende gegangenen Einzelausstellung im Katharinenthaler Hof berichten.

Die Finissage mit Künstlergespräch am 28.07.2019 war mit etwa 25 Teinehmern wiederum sehr gut besucht. Als Pressevertreterin war Sibylle Schnauffer vor Ort, um die interessierte Öffentlichkeit über das Ereignis zu informieren. Auch nach Beginn um 15 Uhr herrschte noch ein gewisses Kommen und Gehen, so daß wir den Innenkreis der Diskutanten zwischenzeitlich um einen Außenkreis erweitern mußten. Die Anwesenden nahmen großen Anteil am Schicksal der hinterbliebenen Tochter, was ja auch die eigentliche Geschichte hinter der Bildstrecke darstellt. Über die gezeigten Bilder hinaus schien sich so ein jeder auf eigene Weise mit eigenen Themen des Abschiedes auseinanderzusetzen. Eine lebhafte Diskussion ergab sich auch hinsichtlich der nun wohl doch (nach letzter Mitteilung am Rande der Vernissage) erhalten bleibenden Kerngebäude, von der Folgendes herausgegriffen sei: Die Idee einer glücklichen Fügung des weiterbestehenden Erinnerungsortes; die Sorge einer aufgrund der fortan eingeschränkten Zugänglichkeit womöglich neu entstehenden Barriere; die radikale Vorstellung einer vielleicht erst nach Abriß wirklich möglichen Abschiednahme.

Weiter wogte die Diskussion, in Richtung eines Zeitenvergleiches und auch des Wunsches, angesichts der heute oft hitzigen Diskussion um Migrationsströme und Aufnahmemöglichkeiten nicht die enorme Integrationsleistung der Waldenser in der Vorzeit und die sich darüber ergebende kulturelle Bereicherung zu vergessen. Einige Stimmen aus dem Gästebuch der Künstlergilde Buslat e.V. seien zur Abrundung nachstehend noch verlinkt - ein Mausklick öffnet eine bildschirmgroße, lesbare Darstellung.

          

Die Deutsche Waldenservereinigung e.V. war mit Dr. Albert de Lange und Prof. Dr. Kay André Weidenmann zur Finissage hochkarätig vertreten. Beide gaben den Anwesenden lebendige Einblicke in waldensisches Leben nach hiesiger Ankunft. Sie leisteten dabei einer Glorifizierung keinen Vorschub, erinnerten stattdessen an eine über Generationen fortbestehende Trennung der Sprachen und Herzen, an manche Neidereien, Verfemungen und Übergriffe seitens der württembergischen Bevölkerung, welche erst mit der Aufgabe eigener Kultur und Sprache im 19. Jahrhundert aufhörten. Was heute als durchaus gelungene Integration und Bereicherung erscheint, stellte sich damals durchaus als schmerzliche Assimilation dar.

Zu Recht wies Herr de Lange darauf hin, daß sich das Waldensertum in den gezeigten Bildern trotz des einschlägigen Ausstellungstitels gar nicht mehr abbilde - etwa in alten Hausbibeln, ungelenk französischen Sinnsprüchen oder der straßenseitigen Giebelständigkeit der Gebäude. Diesen Aspekt griff Herr Weidenmann indirekt auf, wenn er sein eigenes Waldensertum als heute zweifelsohne noch wichtigen, gleichwohl nach außen hin nicht mehr ohne weiteres  erkennbaren Teil seiner Identität darstellte - etwas lebe also im Herzen fort, ohne unbedingt sichtbar zu sein, was ja für das hier Abgebildete und unsere Protagonistin gleichsam gilt.

***

Die Anwesenheit meines Fotografenfreundes Andre Kurenbach, manchen auch als Co-Autor meines Lehrbuches und Bildbandes zur monochromen Architekturfotografie  bekannt, war mir schließlich eine besondere Freude. Dr. Norbert Jüdt als Vertreter der Künstlergilde Buslat e.V. und Kurator der Ausstellung hatte ihn zum Künstlergespräch und zu einer Ad-hoc-Ausstellung eingeladen. Der Freund folgte dem Rufe, reiste aus Dortmund an, und zeigte hier einige Arbeiten aus seinem Bildzyklus »Über das Fotografieren von Industriedenkmälern« - siehe dazu auch nachstehende Bildreihe. Den Anwesenden boten sich so Quervergleiche im Sinne von Gemeinsamkeiten (Schwarzweiß als Ausdrucksmedium; Subtotale und Details als Blickwarte; Objekte als Träger eingewobener Geschichten und Erinnerungen) und Unterschieden (dem brüchig-pastoralen Idyll hier, der ölig-metallenen Erinnerungsschwere dort) der beiden Bildstrecken. Die Fragen aus dem Publikum bezogen sich insbesondere auch auf seine teilweise noch analoge Arbeitsweise und die sich daraus ergebenden Unterschiede zum digitalen Vorgehen, welches ich heute bevorzuge.

Im Übrigen hatte ich die Zeit mit dem Freund auch für eine kleine Fotoexkursion in den Schwarzwald genutzt, was beizeiten vielleicht Anlaß für eine gemeinsame Ausstellung im Sinne von »Zwei Visionen vom finst'ren Walde« geben wird ...

     

Das Rundschreiben ist heute etwas umfangreicher, Ihnen aber hoffentlich nicht allzu lang geworden. Es bliebe noch zu sagen, daß von den gezeigten Bildern noch Restbestände der limitierten Auflagen in unterschiedlichen Formaten (60x40, 45x30 und 24x16) zur Verfügung stehen.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Thomas Brotzler

 
2. August 2019