Dr. Thomas Brotzler
            Fine-Art-Fotografie


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            Nr. 04|2019

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Mein aktuelles Fotoprojekt »Ein Waldenserhof am Scheideweg«


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kunstfreunde,

es ist nun einige Zeit ins Land gegangen seit meinem letzten Rundschreiben Nr. 03|2019 vom 01.02.2019 . Dieses stellte den Abschluss des Dreiteilers zu meiner Nordfrankreich-Exkursion im Herbst 2018 dar und befasste sich mit meiner Bildstrecke zur »Chartreuse de Neuville« in der Picardie.

Heute möchte ich ein weiteres, kleines Fotoprojekt vom Spätherbst 2018 vorstellen. Die Bildstrecke zeigt einen waldensischen Bauernhof, dessen Ursprünge bis zurück in das 18. Jahrhundert reichen und der nun in großen Teilen zum Abriß vorgesehen ist. Der betagte Bauer war vor einiger Zeit gestorben, und von Seiten der Nachfahren wollte bzw. konnte keiner in dessen Fußstapfen treten. Eine der beiden hinterbliebenen Töchter hatte mich eingeladen, dieser Szene fotografisch nachzuspüren - mit der verständlichen Bitte freilich, Name und Ort nicht bekannt zu machen, da die entstandenen Bilder eine Vielzahl von persönlichen Erinnerungen und Gegenständen beinhalten.

Ich selbst spürte an diesem Ort eine beträchtliche Melancholie, eine jeweils nur kurz durch unbeschwerte bis heitere Erinnerungen durchsetzte Wehmut. Die leeren und nicht mehr benutzten Wohn- und Arbeitsräume wirkten auf mich wie ein Fanal dessen, was hier einstmals war, nun nicht mehr ist und nie mehr sein wird. Bei der späteren Ausarbeitung der Bilder verdichtete sich in mir schließlich die Vorstellung eines mehrfachen bzw. gestaffelten Abschiedes ...
  • Ein solcher vom Vater, der so stark und unbeugsam war und doch nicht den Lauf der Zeit aufhalten konnte;
  • Ein solcher vom Elternhaus, welches bald nicht mehr sein wird, gleichwohl auch im jetzigen Leerstand keinen rechten Trost mehr bieten kann;
  • Etwas abstrakter ausgedrückt auch ein solcher von der kleinbäuerlichen Lebens- und Wirtschaftsform, die von außen betrachtet so idyllisch erscheint und doch oft genug in Plackerei und Schinderei ausartete;
  • Schließlich ein solcher, der den schleichenden Verlust waldensischer Sprache, Kultur und Gebräuche über die Generationen unerbittlich weiter fortschreibt.
          

Die erste bzw. obere Bildreihe zeigt mit den Studien 01, 02 und 04 eine äußere Annäherung an das Ensemble als Ganzes. Die zweite bzw. untere Bildreihe mit den Studien 26, 29 und 30 beinhaltet Innenansichten des Speichers und der Wohnräume.

Ich empfehle einen Mausklick auf die Vorschaubilder, da die sich im voreingestellten Browser jeweils öffnende, bildschirmgroße Version die Details und die Stimmung doch wesentlich besser zur Geltung bringt.

          

An dieser Stelle kann ich nur einen kleinen Teil des Bildstrecke mitsamt den dazugehörigen Gedanken und Gefühlen vorstellen. Das Internet erscheint mir oft genug wie ein Nadelöhr, welches uns in Richtung einer Schlagzeilenmentalität und kurzen Aufmerksamkeitsspanne erzieht.

Wer sich bei Gelegenheit Muße für die ganze, großformatig gedruckte Bildstrecke nehmen möchte und den dazugehörigen Gefühlen und Erinnerungen nachspüren möchte, sei auf die kommende Einzelausstellung hingewiesen. Wenn alles klappt, wird diese auf freundliche Einladung der Künstlergilde Buslat bzw. des Kunstvereins Bauschlott vom 7. bis 28. Juli 2019 im Katharinenthaler Hof zu sehen sein - weitere Details dazu in einem der nächsten Rundschreiben.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Thomas Brotzler

 
22. März 2019